Freitagspost

Freitagspost: Spießer is back – oder auch: Normcore

6. März 2015

 

 

“Bleib doch einfach heute hier. Geh mal nicht zur Arbeit, meld dich krank. Hab mal ein bisschen Spaß im Leben.” 
Was ist eigentlich Spaß? Die Definition davon lautet: “das Vergnügen und die Freude, die man bei einer Sache empfindet.” In erster Linie denkt man beim Begriff Spaß an Party, Feiern und Saufgelage. Zumindest geht es mir so. In meinem Leben habe ich schon sehr viele Partys gefeiert – teilweise mehr als nötig war. Nach einer “Partypause” von über einem Jahr meldete ich mich zurück an die Feierfront und es war plötzlich nichts mehr so wie früher. Plötzlich war ich ein Spießer, wie er im Buche steht.
Während die anderen sich mit dem einen Mittelchen wach halten, mit dem anderen Mittelchen zum stundenlangen Tanzen bringen und danach genüsslich bis in die Mittagsstunden des Sonntags “aftern” (ich kannte das Wort nicht mal), da stehe ich Sonntag morgens auf, trinke Tee, bereite Outfits vor und verbringe den Tag an der frischen Luft. Danach kochen wir uns daheim was Leckeres und schauen noch gemütlich einen Film. Boooring. Oder doch nicht?
“Anstatt uns bis zur Besinnungslosigkeit mit Drogen vollzupumpen und massenweise Alkohol in uns hinein zu schütten, verbringen wir den Abend lieber daheim und lesen einen Karriereberater.” schreibt Vice in einem Artikel über die Renassance der Spießigkeit.
Normcore ist auch so ein Modebegriff, geprägt von der Agentur K-Hole und bedeutet so viel wie das Gegenteil von dem Zwang zur Individualität. Keine bemühten Versuche sich abzuheben, sondern “normale” Kleidung. Filterkaffee, Tim Bendzko und Birkenstocks. Die Elle beschreibt genau, was den Trend Normcore ausmacht: Lässigkeit und Selbstsicherheit. Out-of-Bed Hairstyles und wenig Make-Up.
In der Generation Y ist es legitim, ein kleiner Spießer zu sein. Das totale Chaos haben wir draußen in der Weltgeschichte schon genug, da trinken wir am Wochenende lieber einen hochwertigen Gin und ballern uns nicht zu mit Shots in einer billigen Absteige. Ein unbefristeter Arbeitsvertrag und ein fester Job, das Reihenhaus im Grünen? Keine Selbstverständlichkeit mehr. “Der neuen Spießigkeit liegt heute ein komplett anderes Fundament zu Grunde, als noch vor dreißig Jahren. Ich denke, es ist an der Zeit, den Begriff neu zu definieren.” So der Schlusssatz aus der Vice. Recht haben sie.

Mein Fazit: 
Von allen Trends gibt es doch so ein bisschen etwas, was man sich abschauen kann. Mein Stan Smith Outfit ist ein bisschen Normcore, der Look von gestern hingegen gar nicht.
Ein bisschen Spießersein schadet nicht. Selbstgekochtes Essen, am Wochenende, auch mal früh aufstehen und nicht erst morgens ins Bett gehen: Das kann ganz schön spannend sein. Das Leben in vollen Zügen genießen und sich nicht mit Betäbungsmitteln ablenken. Etwas wirklich am Wochenende erleben und nicht verkatert im Bett liegen.
Wir brauchen keine Exzesse, um einzigartig zu sein. Keine Killer-Heels und Designer-Logos, um stylisch zu sein. Unsere Haare brauchen nicht jeden Tag ein Glätteisen und unsere Füße freuen sich im Sommer über Birkenstocks. Vielleicht sind wir sogar “freier” als früher, in den 70ern, als Spießigkeit verteufelt wurde und man nur mit LSD, nackten Brüsten und langen Haaren wirklich dazugehörte – oder in der Techno-Zeit der 90er mit Loveparade und Ecstasy – und in der Glam-Zeit der 80er mit den ganzen toupierten Haaren und dem vielen Make-Up.
Was sind eure Gedanken zu diesem Thema?

Das könnte dir auch gefallen

9 Kommentare

  • Antworten JuliCosmetics 6. März 2015 um 19:28

    Das hast du wieder schön geschrieben 🙂 Ich war früher auf jeder Party und habe es immer ordentlich krachen lassen. Wenn ich heute daran zurückdenke, muss ich feststellen, dass es eine wirklich schöne Zeit war. Aber trotzdem kann ich heute meine Couchabende genießen, ohne den Gedanken "etwas verpassen zu können". Ich genieße jede Minute meines "Spießerlebens" 😀 Manchmal kommt auch noch das Partytier zum Vorschein, aber dann geht es mir wie dir. Es ist einfach nicht mehr so, wie vor ein paar Jahren. Es ist jetzt auf eine andere Art und Weise schön.

    Liebste Grüße

    Juli

  • Antworten Madame Keke 6. März 2015 um 20:26

    Also bei mir liegt die Party Zeit jetzt tatsächlich eine Weile zurück, ich hab früher viel zu oft und gefeiert und hatte irgendwas das Gefühl, das das Leben nur so an mit vorbeigezogen ist. Mittlerweile mag ich es doch viel gediegener und verzichte ehrlich gesagt bewusst auf das "aftern". Um das Leben zu genießen muss man nicht bis 8 Uhr morgens durchfeiern und sich volldröhnen, Glück findet man auch vielen anderen Dingen im Leben, das habe ich mittlerweile gelernt. Und wenn mich meine heutige Einstellung zum Spießer macht, dann bin ich gerne ein Spießer, denn ich bin glücklich 😉

    xoxo

  • Antworten Beautylicious 6. März 2015 um 20:31

    toller post und ich gebe dir völlig recht in deiner aussage, das man drogen und alkohol nicht braucht um zu leben. und spießer oder nicht, pur ist das leben am schönsten. lg

    beautyliciousd.blogspot.de

  • Antworten Ariana Röthlisberger 6. März 2015 um 20:35

    Ein total interessanter Ansatz – und "Normcore" gefällt mir deutlich besser als "Spiesser".
    Liebe Grüsse
    Ariana

  • Antworten Saskia von P. 7. März 2015 um 06:19

    Ein tolles Thema. Ich behaupte einfach mal das Normcore nicht unbedingt etwas Neues ist und Trend dafür das falsche Wort ist… Die Frage "Wollen wir denn überhaupt alle gleich sein?" wird von den meisten sicher mit einem Nein beantwortet. PS: Spießersein schadet wirklich nicht…

  • Antworten Alberto Hugo Rojas 7. März 2015 um 07:44

    BEAUTIFUL PIC.. SO ROMANTIC

  • Antworten caprice loves fashion 7. März 2015 um 11:16

    Ein toller Artikel!
    Bei mir ist es immer stimmungsabhängig, manchmal bin ich gerne ausgeflippt, abgedreht, aber an anderen Tagen liebe ich es früh ins Bett zu gehen oder auch am Wochenende mal früh aufzustehen, um mit dem Hund spazieren zu gehen… Ich finde es ist egal, welchem "Trend" man gerade folgt, Hauptsache man ist glücklich und man verstellt sich nicht…

    Liebst
    Kathi
    P.S. hier gibt es ein großes Gewinnspiel . Ich würde mich freuen, wenn du teilnimmst.

  • Antworten Juliane Ivory W. 7. März 2015 um 23:37

    Ich bin früher auch sehr, sehr gerne Feiern gegangen. Jedes Wochenende, Freitag und Samstag, die Nacht zum Tag machen und tanzen. Ich habe es geliebt.
    Heute ist das gar nicht mehr möglich. Heute kann man sich kaum mehr in der Musik verlieren und mit geschlossenen Augen über die Tanzfläche schweben, weil alle Rüssel an Schwanz nebeneinander stehen und von einem Bein auf das andere Wippen.
    Und irgendwie…. und das wird wohl auch der Hauptgrund sein…. fühl ich mich einfach mal steinalt, wenn da die ganzen 18 er Mädels und Jungs sind.
    Irgendwie fehlen hier die Clubs, in denen sich auch Leute ü25 treffen. Wobei ich schon mal wieder Lust hätte, die Puppen tanzen zu lassen….

  • Antworten The Darkensidejewel 4. April 2015 um 10:23

    Wow, wirklich tolle Gedanken. 🙂

    Ganz meiner Meinung. Ich habe einfach keine Lust mehr, meine freie Zeit mit "saufen, kurz schlafen, verkatert, erholen und völlig fertig zur Arbeit fahren" zu verbringen.

    Genießen wir das Leben, aber sinnvoll!

    Liebst,
    Darkensidejewel von http://www.butterfliesandhurricanes.de

  • Hinterlasse einen Kommentar