Freitagspost

Freitagspost: Lieb war gestern!

13. Februar 2015
“Du bist einfach zu lieb”, sagte mein Arbeitskollege zu mir und das war nicht das erste Mal, dass ich so etwas höre. Es fällt mir schwer, einen Gefallen abzuschlagen, andere zu verärgern und einfach mein Ding zu machen. Klar, es ist normal, wenn man gut ankommen möchte. Doch in meinem Fall endete das fast im Nervenzusammenbruch. Wo ziehe ich die Grenze – wann ist Schluss mit Lieb?
In der Cosmo las ich einen interessanten Artikel zu einem neuen Buch “Mach dich unbeliebt und glücklich und nimm dir vom Leben, was du willst!” von Diana Dreßen. Noch so ein Ratgeber, der die Bestsellerlisten erklimmt und eigentlich voll ist mit Phrasen, die keine neuen Erkenntnisse bringen? Vielleicht – vielleicht auch nicht. Ich habe mir gerade das E-Book heruntergeladen und schaue mir das jetzt mal an. Am Wochenende werde ich es mir noch komplett durchlesen.
Bin ich gut genug?
 
Eigentlich ist es doch nie genug. Wir könnten immer noch mehr Sport machen, noch mehr arbeiten, noch mehr Sprachen lernen und und und. Alix hat da im Video mit Angela etwas Schlaues gesagt, was mir nicht mehr aus dem Kopf geht. Warum ist es in Deutschland so verpönt, sich selbst zu mögen? Im Fernsehen werden Blogger misstrauisch beäugt, weil sie ihre Outfits mögen und hochladen – vielleicht gefällt es noch jemandem?! Weil sie sich selbst gut finden. Gut genug für die Öffentlichkeit und das böse Internet. Dabei sollte es doch eine Selbstverständlichkeit sein, dass man sich selbst mag. Dafür ist es in Deutschland umso mehr Sport, zu kritisieren. Noch dünner sein, noch mehr Sport machen, bloß nicht zufrieden sein.
Ich bin da keine Ausnahme und gewiss kein leuchtendes Vorbild. Am Wochenende rauche ich drei Zigaretten und verfalle danach in Panik wegen Lungenkrebs, dann verschlafe ich den halben Sonntag ohne was zu arbeiten, erledigen, voran zu kommen. Ich beäuge vorm Spiegel misstrauisch meine Oberschenkel und lösche ein halbes Shooting, weil ich da “dick” aussehe. Stehe im Supermarkt vor den Avocados und hadere mit mir selbst, weil ich lieber Gemüse und Fisch anbraten sollte statt jetzt Miracoli zu futtern. Vielleicht sollten wir uns alle eine Scheibe Kanye abschneiden:
 
“I am so credible and so influential and so relevant that I will change things”
 
 
Sprich es aus, wenn etwas nicht passt – sag auch mal Nein!
 
Es gibt zahllose Situationen, wo ich mir alles gefallen lassen habe – weil ich Angst hatte. Angst es auszusprechen, Angst zu mir zu stehen, Angst die Harmonie zu gefährden. Also habe ich nichts gesagt. Der Ex-Freund beleidigt mich vor Freunden, der Fahrlehrer verhält sich beschissen, die Kollegin verlangt unmögliche Dinge. Dann wechselte ich entweder die Fahrschule oder heulte los. Ich habe gelernt, es auszusprechen. Das klappt noch nicht immer. Doch so langsam lasse ich mir meine Grenzen nicht mehr überschreiten.
Selbstbewusstsein, wo bist du?
Vor kurzem schaute ich DSDS, was ich eigentlich nie mache. Da war eine Kandidatin, die echt nicht singen konnte. Sie bestand allerdings darauf, dass sie eine enorm gute Sängerin ist und die nur ihr Potential nicht erkennen. Wahnsinn. Ich war fasziniert von so viel purem Selbstbewusstsein. Klar, in ihrem Fall ziemlich daneben, dennoch interessant. Warum kann sie mir nicht ein Drittel davon abgeben?
Welche Wege gibt es, um sich selbst mehr zu lieben, sich mehr zu behaupten und ein bisschen mehr wie Kanye zu sein? Hier habe ich wieder im Buch nachgelesen. Diana schlägt vor, sich der eigenen Fähigkeiten mehr bewusst zu sein. Was kann ich gut, was sind meine Stärken. Hört sich nach Bewerbungsgespräch an, sie hat aber gar nicht unrecht. Denk an deine Erfolge und mach sie dir immer wieder bewusst. Wie willst du dein Leben eigentlich leben – was ist dir wichtig? So ging es mir vor einiger Zeit, als ich ein Date hatte mit einem Typ, der ein schnelles Auto fährt, rücksichtslos gerast ist und ständig ins Fitnessstudio oder auf die Sonnenbank rennt. Was soll das werden, wenn man so unterschiedliche Vorstellungen vom Leben hat? Genau, nix.
“Betreten Sie Ihre persönliche Bühne des Lebens mit ihrer ganzen Liebe im Herzen und lassen Sie sich davon von nichts und niemandem mehr davon abbringen.” Diana Dreeßen
 
oder auch:
“For me to say I wasn’t a genius, I would just be lying to you and to myself.” – Kanye West
 
 
 
 

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27 Kommentare

  • Antworten Melli 13. Februar 2015 um 20:07

    Toll geschrieben!
    Und natürlich tolle Fotos! 🙂

  • Antworten cora 13. Februar 2015 um 20:14

    Zunächst muss ich sagen: Die Bilder sind unglaublich schön! Du hast ein sehr ausdrucksstarkes Gesicht. Top!
    Ich muss manchmal auch noch lernen, mich zu mögen, so wie ich bin und offen mit Makeln umzugehen. Durch das Bloggen bin ich aber schon viel selbstbewusster geworden.

  • Antworten Franziska Dully 13. Februar 2015 um 21:16

    Sehr interessante Gedanken. Ich muss zugeben, dass ich ganz und gar nicht das bin, was du als lieb bezeichnest. Eben weil ich nicht einsehe, dass ich selbst dabei zu kurz komme. Die meisten Menschen tun doch nur so als seien sie nett, weil es draußen besser ankommt, aber wenn man sie wirklich braucht, sind sie nicht da. Immer nur so weit es ihre Comfort Zone zulässt. Ich bin nicht zu jedem nett, aber die Leute, die mir wichtig sind, können in allen Lebenslagen zu 100% auf mich zählen. Das ist mir wichtig!
    Liebe Grüße,
    Franzi von Dullylicious

  • Antworten Just Myself 13. Februar 2015 um 21:42

    Ich erkenne mich in ein paar Punkten sehr gut wieder. Man ist netter als man es will um Stress und Problemen aus dem Weg zu gehen, um andere nicht zu verletzten, aber am Ende bleibt man selbst auf der Strecke. Daran muss ich auch noch arbeiten, aber es wird mit der Zeit. Ich verstehe es auch nicht warum man in Deutschland nicht offen stolz auf das sein kann was man erreicht hat, ohne das man schräg angeschaut wird. Jeder will der Beste sein und man gönnt sich untereinader nichts, zumindest kommt es mir manchmal so vor.

    Vielen Dank für diesen unglaublich toll geschriebenen Post.

    Liebe Grüße
    Luise von http://www.just-myself.com

  • Antworten Sonja - one-fiftytwo 13. Februar 2015 um 21:53

    Ein sehr schöner Post! Ich bin nicht so lieb wie du und habe inzwischen gelernt, einfach auch unangenehme Dinge auszusprechen oder an mir abperlen zu lassen. Das heißt aber noch lange nicht, dass es keine Selbstzweifel gibt. Immer mehr und immer besser werden, das trifft soo sehr zu leider und ich finde dieses Leben im " Hamsterrad" schon frustrierend. Einfach mal im Hier und Jetzt leben und zufrieden mit dem bisher Erreichtem sein. Auch wenn es mal schwieriger ist. Ich glaube, da müssen sehr viele von uns an sich arbeiten.
    Die Bilder zum Post sind auch richtig toll!!
    Liebe Grüße
    Sonja

  • Antworten christinshappyplace 13. Februar 2015 um 21:55

    so ein unglaublich guter Text! Lese selten sowas, was mir richtig aus der Seele spricht. Aber das tut es! Vor allem mag ich den Spruch von Kanye den du da eingebracht hast 🙂
    Echt super, würd mich freuen, öfters solche Posts von dir zu lesen <3
    xo

  • Antworten Michelle 14. Februar 2015 um 01:17

    Ach liebe Andy, schöner Post. wie Immer 🙂 Hab in meiner Bloggerpause eindeutig deine Texte vermisst 😀 find deine Ansichten super und teile sie vollkommen. Ich liebe die Fotos!

    Ich wünsch dir alles Liebe und ein schönes Wochenende.. ganz ohne Stress!

    herzlichst
    Michelle x
    http://www.allclassix.blogspot.de ·

  • Antworten Barbara 14. Februar 2015 um 06:27

    Du hast es wieder einmal geschafft, eine perfekte Symbiose von Text und Bildern zu kreieren. Die Bilder sind – nebenbei bemerkt – der Wahnsinn!

  • Antworten Janina TheMermaid 14. Februar 2015 um 09:26

    So geht es mir auch…hab ständig gehört, ich bin zu lieb. Aber ich merke, dass mir meine Beziehung gut tut…das mir der Neuanfang in Berlin gut tut. Langsam schaffe ich mal an mich zu glauben, mal Sachen aus- oder anzusprechen. Es ist nicht leicht, aber danach geht es einen besser.
    Schöner Text und viel Erfolg beim "du selber" und "frei" sein 🙂

  • Antworten Juliane Ivory W. 14. Februar 2015 um 12:50

    Wow, wir sind uns unglaublich ähnlich, das hätte ich gar nicht gedacht. Ich sage auch zu selten Nein und habe mir viel zu viel gefallen lassen. Für mich einstehen und mal auf den Tisch hauen? Nö, da hau ich doch lieber heimlich ab und geh nie wieder hin. Problem gelöst… nur auf die falsche Art und Weise.
    Wie oft habe ich das schon so gemacht? Aber schön zu lesen, dass es bei dir ähnlich war ;).
    Toller Post!

  • Antworten Bearnerdette 14. Februar 2015 um 14:45

    Wie immer sagst du viel, mit dem ich mich auch identifizieren kann. Mir fällt es auch manchmal schwer, nein zu sagen…

    So wie Kanye will ich aber nicht werden. 😀 Der ist ja nicht nur selbstbewusst, sondern so überheblich, dass er nur seine eigene Meinung anerkennt und manchen Leuten ihren Erfolg nicht gönnt (siehe seine peinlichen Auftritte bei diversen MTV Awards).

    lg
    Bearnerdette

  • Antworten K 14. Februar 2015 um 17:57

    Wieder mal – oder vielleicht besser: wie immer! – ein schöner Freitagstext. Daumen hoch!

  • Antworten Lisa Lait 14. Februar 2015 um 19:24

    Liebe Andrea!

    Du sprichst mir wieder mal aus der Seele. Wo mein Selbstbewusstsein ist, frage ich mich auch oft und in der tat hat auch mich einmal eine Fahrlehrerin zum Heulen gebracht. Das war damals ziemlich grenzwertig und ich bin bis heute stolz, dass ich es geschafft habe, zur Chefin der Fahrschule zu gehen, um einen neuen Fahrlehrer zu bekommen. Ich glaube, das hat auch schon sehr viel Selbstbewusstsein erfordert, obwohl ich das damals vielleicht nicht so gesehen habe. Aber jetzt rückblickend schon.

    Ich bin noch auf dem Weg zu mir selbst zu finden und ich muss bestimmt noch einige Steine überqueren, bis ich mich wirklich voll und ganz selbst lieben kann, aber ich bin mir sicher, dass ich das schaffen werde. Dein Text hat mich unheimlich berührt und mir Mut gemacht 🙂

    Liebste Grüße
    Lisa

  • Antworten Kristina D 14. Februar 2015 um 19:29

    Liebe Andrea, ich glaube das ist mein persönlicher Lieblingspost von dir. Ich finde mich zu 100% darin wieder und bin schon seit Jahren auf der Suche wie ich mein Selbstbewusstsein steigern kann. In fast jedem Fall bin ich vor einer Konfrontation geflüchtet, sei es der Jobwechsel, die Kündigung im Fitnessstudio oder einfach nur der Wechsel des Supermarkts, weil die Angestellte mich etwas grob angesprochen hat. Momentan mache ich eine zweite Ausbildung und bin kurz davor zu schmeißen. Die ständigen Präsentationen vor der Klasse und die Korrekturen der (viel jüngeren) Mitschüler, wenn ich etwas Falsches gesagt habe, machen mich richtig fertig. Kannst du das Buch von Diana Dreßen empfehlen?

    Liebe Grüße Kristina von KDSecret

    • Antworten Hogwarts 4. März 2015 um 00:36

      Ich finde das Buch schon empfehlenswert! 🙂 Bin noch am Lesen!

  • Antworten fashionqueensdiary 15. Februar 2015 um 17:23

    Sehr schön geschrieben! Ich denke, jeder hat schon einmal Situationen erlebt, in denen er lieber mal "nein" gesagt hätte oder im Nachhinein der Gedanke kam, dass man in diesem oder jenen Moment selbstbewusster hätte auftreten können. Wichtig finde ich, wenn es einem überhaupt auffällt^^

  • Antworten Jule Rona 15. Februar 2015 um 21:22

    Schöner Text!
    Und falls es dir etwas hilft: Ich finde, du bist jemand, dem auf jeden Fall eine große Portion Selbstbewusstsein zusteht (natürlich hat jeder mal ein Tief, aber das ist ja nicht von Dauer)! Gerade als Bloggerin bist du echt ein Vorbild für viele – eben weil du keine dieser unantastbaren perfekten NYC-Girls, sondern einfach authentisch bist, gut aussiehst, Modegeschmack hast, und auch mal kritische Texte schreibst und ehrlich bist!

    Ganz liebe Grüße
    Rona von threepinkcats

    • Antworten Hogwarts 4. März 2015 um 00:32

      Ganz lieben Dank für deinen Kommentar <3

  • Antworten Julia 15. Februar 2015 um 22:04

    Ich lese deine Freitagsposts so gerne! Oft weiß ich gar nicht so viel dazu zu schreiben, denn du bringst es immer schon perfekt auf den Punkt.
    So Sätze wie "Du bist einfach zu lieb, nett etc." höre ich mittlerweile auch echt ungern. Denn oft hat man es ja in dem Moment sowieso schon selbst gemerkt, dass man sich mal wieder hat ausnutzen lassen und dann noch diesen Seitenhieb zu bekommmen… grandios.
    Andererseits ist es auch manchmal gut, sich nicht bedingungslos toll zu finden. Wie eben z.B. in diesem DSDS-Beispiel. Und auch in meinem näheren Umfeld kenne ich Jemand, der sich selbst ziemlich gut findet. Klar, beneide ich ihn manchmal um sein Selbstbewusstsein. Aber ich merke auch oft, dass er sich nicht selbst mal kritisch einschätzen kann. Und dann komplett überrascht ist, wenn die Dinge nicht so laufen wie erwartet.
    Ein gesundes Maß ist da sicher das Beste!

  • Antworten Allie Am 16. Februar 2015 um 19:04

    Vorneweg natürlich: sehr schöne Bilder!
    Und ein toller Beitrag:)
    Dieses "Danke das ist so lieb von dir.,. Toll dass man sich immer auf dich verlassen kann" Höre ich ehrlich gesagt auch sehr oft. Aber das ist eher der Punkt aus dem ich mein Selbstbewusstsein ziehe. Wo sind meine Stärken? Ich bin hilfsbereit und andere können sich auf mich verlassen. Das wissen Sie, das wissen ich.
    Das einzige Problem war nur dass dann der ein oder andere das auch ausgenutzt hat. Damit hatte ich eigentlich kein Problem, aber meine Freunde fanden das unter aller sau. Also sollte ich meinen Mund aufmachen und was dagegen sagen. Das war am Anfang schon etwas hart und hat eine Weile gebraucht. Ich wollte ja nicht plötzlich völlig abstoßend seind und alles ablehnen ,,. Aber ich glaube inzwischen habe ich einen ganz guten Mittelweg gefunden.
    Und ich glaube auch dass dir das auch gelingt. Denn perfekt muss keiner sein (faule Sonntage kenne ich nur zu gut haha) aber zufrieden sollte man schaffen 🙂
    Liebst
    Allie

  • Antworten MalerKlecksi 16. Februar 2015 um 23:30

    Ein sehr schöner Text, an vielen Stellen finde ich mich wieder.
    Auch mir wird des öfteren gesagt ich sei zu lieb und lass mich ausnutzen, aber hin und wieder bekomme ich schon ein "Nein" hin.
    Danke für den tollen, bewegenden Post.

    LG Alex

  • Antworten Seryna Veng 17. Februar 2015 um 09:05

    Your photos are beautiful! Only wish I could read German though hahaha x

  • Antworten FRAU MORGENSTERN 17. Februar 2015 um 23:36

    Liebe Andy,

    ich weiß gerade nicht, was mich mehr bewegt…Deine atemberaubende Schönheit oder Dein Text! Beides ist wunderbar!

    Herzliche Grüße, Yuliya

  • Antworten Saskia von P. 23. Februar 2015 um 08:39

    Beeindruckender Text. Sich selbst zu mögen ist nicht leicht und die "Gesellschaft" macht es einem nicht unbedingt einfach. Schade eigentlich…

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