Wenn es um Influencer geht, gibt es zwei Optionen: Einmal gibt es die “Weltverbesserer und Feministinnen”, die so gut sind zu sich und der Welt, da bekomme ich schon vom Anschauen ein schlechtes Gewissen. Nur wenn ich ihren nachhaltigen Feed und die gesunden Rezepte durchscrolle, bleibt mir ein Stück Cheeseburger im Hals stecken und ich fühle mich plötzlich unwohl in meinem Zara Sweater. Dann gibt es die “seelenlosen Influencer”, meist blond und durchtrainiert, die ungeniert alle Markendeals annehmen, die sich ihnen gerade so anbieten. Hate erhalten beide Seiten, denn die nachhaltigen Influencer können natürlich nicht nachhaltig genug sein und müssen waghalsige Kritik einstecken, die anderen oftmals ebenso. Frei nach dem Motto: Die macht wirklich Werbung für alles. Das ist jetzt selbstverständlich überspitzt formuliert, denn in der Mitte – in der ich auch mich sehe – geht man natürlich gerne mal unter und erhält weniger Beachtung, als wenn man sich stark positioniert.
Ich will nicht nur Selfies posten
Ich betrachte mich selbst als hedonistischen Menschen. Heißt, ich genieße. Ich genieße gutes Essen, Drinks und das Leben. Reisen, Kinofilme, Netflixserien, Romane und und und. Dennoch lässt mich das Thema Nachhaltigkeit nicht kalt. Mit großer Freude promote ich Aktionen gegen den Einwegbecher oder verzichte auf Plastiktüten. Meine geliebten Strohhälme werde ich auch nun aus Papier verwenden. Doch das sind natürlich nur Kleinigkeiten.
Kann ich als hedonistischer Mensch nachhaltig leben, oder ist es ein Widerspruch in sich? Ich will nicht nur Selfies posten. Ich möchte über Dinge reden und ansprechen, die wichtig sind. Was ich immer mal versuche in meinen wöchentlichen Freitagsposts.
Wie nachhaltig ist nachhaltig
Wie schaffe ich es, meinen Lifestyle so zu verändern, dass ich etwas Gutes für die Welt tue und trotzdem glücklich lebe, die Dinge tun kann, die mich erfüllen? Mit dem Wort Nachhaltigkeit wird gerade nur so um sich geworfen. Bei der IFA 2018 werben Firmen damit, nachhaltig zu sein. Auf Nachfrage hin erfahre ich, dass diese Produkte allerdings noch in der Entwicklung sind und noch gar nicht wirklich vertrieben werden. Nachhaltigkeit ist ein Geschäftsmodell geworden. Deswegen genieße ich es auch mit Vorsicht und hinterfrage gerne mal, wie nachhaltig nachhaltig denn überhaupt ist.
Wo ziehe ich die Grenze beim Hedonismus
Ich möchte anderen nicht schaden, vor allem nicht unserem Planeten. Manchmal schaudert es mich schon, wie viel Plastikmüll mein Gemüse und Obst aus dem Discounter verursacht. Muss das wirklich sein? Ich achte darauf, nur noch so viel einzukaufen, wie ich wirklich verbrauche. Weniger Essen einkaufen, weniger wegwerfen. Seitdem ich endlich eine Küche besitze, genieße ich lieber mal ein gutes Essen daheim als draußen in Restaurants. Meine Kleidung verkaufe ich oder verschenke sie und werfe nur weg, wenn es wirklich nicht anders geht. Doch mache ich wirklich genug, rechtfertige ich mich hier nicht nur vor mir selbst meinen Hedonismus? Schließlich könnte ich auch auf Fleisch und günstige Klamotten oder Schminke von Labels verzichten, die nicht für Nachhaltigkeit bekannt sind.
Hinterfrage dich selbst!
Ich selbst versuche mich immer mehr zu hinterfragen. Will ich mich wirklich zum xten Mal über Influencer und Instagram aufregen, über irrsinnige Werbekampagnen und den Algorithmus aufregen, oder schreibe ich lieber einen Beitrag über schöne Ausflugsziele in Berlin? Ich spreche Themen an, wie Feminismus und Plastikmüll. Nicht nur auf dem Blog, sondern auch im Privatleben.
Ich könnte mir vorstellen, mit der Zeit meine Einstellung weiter zu verändern und weiter zu entwickeln. Ohne dabei das Gefühl zu haben, mich selbst zu verraten, weil ich nicht wirklich hinter den Dingen stehe, die ich vertrete. Weil ich mich dann doch zu sehr auf den Zara Sale freue oder die xte Lidschattenpalette ausprobieren möchte.
Ist Nachhaltigkeit und Hedonismus ein Widerspruch in sich selbst? Oder können wir einen Kompromiss finden?
2 Kommentare
Hey,
Das ist ein wirklich imteressanter Titel mit einer guten Grundfrage, die sich wohl viele stellen. Vor allem wenn es um Themen geht, die auf den ersten Blick Verzicht fordern, sind wir ganz schnell dabei zu sagen, dass wir nur einmal leben und überhaupt wie kommen wir dazu und das Leben ist schon anstrengend genug.
Ich finde es wichtig, genauer hinzuschauen, oftmals erfordert es nur einmal umdenken, einmal näher hinsehen, einen Klick im Internet anders zu machen. Wir leben im 21. Jahrhundert und das Internet ist voller Möglichkeiten, Babyschritte in Richtung Nachhaltigkeit zu gehen.
Und solange wir nicht gedankenlos handeln oder uns stark einschränken, was nicht gut für die Psyche sein kann, widerspricht das eine nicht dem anderen.
Liebe Grüße
Casey
Toller Betrag. Mich beschäftigen solche Gedanken auch sehr viel. Man rutscht sehr schnell in diese Ströme, was ankommt und was nicht – und verliert sich selbst. Dass man auch authentisch erfolgreich sein kann, zeigst du. Ich finde mich auch in keiner der Gruppen wieder, konsumiere einiges gerne, esse Fleisch, fahre aber kein Auto und denke vermehrt über Nachhaltigkeit nach. Mein Blog hat aufgrund der großen Lebens- & Umzugskrise nahezu pausiert und wird ab heute komplett umgebaut. Mir sind total andere Dinge wichtig geworden und viele Themen geben mir nichts mehr. Ich brauche keine 115 Highlighter und 212 Lidschattenpaletten. Ich habe beim Umzug radikal aussortiert, auch im Kleiderschrank und mich gefragt, wer bin ich und was brauche ich wirklich? Und welche Menschen bedeuten mir etwas? Wichtig ist es, Dinge aus Überzeugung zu tun und nicht jedem Trend hinterherzurennen. Man verliert sich dann selbst und das Leben ist zu kurz dafür, das habe ich leider im letzten halben Jahr sehr bitter erfahren. Mach weiter so – jenseits der Schubladen!
Allerliebste Grüße
Chris von https://stylepeacock.com