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Freitagspost: Nein heißt Nein – oder doch nicht?

1. Juli 2016
“Eigentum
ist bislang besser geschützt als die sexuelle Selbstbestimmung.”
Denn niemand dürfe eine Wohnung oder ein Haus betreten, wenn der
Eigentümer oder Bewohner es ihm nicht gestatte.


Fotos von Christine

Niemand
darf deine Wohnung betreten, wenn du Nein sagst. Wenn du das nicht
möchtest. Dann ist es Hausfriedensbruch und darf bestraft
werden. Allerdings
reicht ein Nein nicht aus, um eine Vergewaltigung oder sexuelle
Nötigung nachzuweisen. 
Selbst
wenn du laut und deutlich “Nein” sagst. Ist. es. kein.
Nein.
Wann ist eine
Vergewaltigung eine Vergewaltigung? In den USA wurde schon viel über
Date Rape diskutiert
. Die sogenannte graue Zone. Wenn Frauen sich
unter Druck gesetzt fühlen, Nein sagen, aber nicht laut genug. Sich
nicht richtig „wehren“, wobei doch ein Nein immer ausreichend
sein sollte.
Was ist, wenn du gar
nicht in das Auto steigen wolltest, sondern nur nicht deine Freundin
allein lassen wolltest? Wenn du gerade mal 16 Jahre alt bist. Du
wolltest eigentlich nur nach Hause, doch er fährt euch alle in die nächste Stadt, mitten in der Nacht, viel zu weit von zu Hause
entfernt. Du willst nur heim. Du wirst es nie vergessen, dass er
stattdessen auf die Autobahn fährt und dich nicht zu Hause absetzt.
Nach Hause – da bist du erst so viele Stunden später wieder. Nach dem
du die Nacht in Schockstarre verbracht hast, das Gefühl hattest dass
du das ja jetzt willst oder irgendwie selbst Schuld bist, weil man dich so unter Druck setzt und du zuviel Angst hast. Du hast nie
etwas gesagt, zu niemandem, 10 Jahre lang nicht, weil du dich so
geschämt hast. Hoffentlich erfährt es keiner.


Die deutsche
Rechtsprechung hilft da nicht gerade. Schließlich ist eine
Vergewaltigung nur dann eine Vergewaltigung, wenn man sich
entsprechend gewehrt hat oder es handfest mit Beweisen nachweisen
kann.
Der Fall Gina Lisa, die sogar Beweise hatte, gibt einem das
Gefühl noch hilfloser zu sein.
Männer setzen Sex als
Druckmittel ein. Der Ex-Freund, der zu dir sagt, wenn du nicht
genügend Sex mit ihm hast, sucht er ihn sich woanders. Der
Ex-Freund, der sich beschwert, wenn du es nicht oft genug mit ihm
machst und nicht so, wie er es gerne hätte. Ich will gar nicht
wissen, was manche Frauen in Beziehungen mitmachen oder wozu sie sich
nötigen lassen, weil sie glauben es zu müssen. Um ihrem Mann zu gefallen. Weil man das doch so macht, es gehört schließlich dazu. Um ihn zufrieden zu stellen. 

Der
Fall Gina
Lisa Lohfink
,
zahlreiche Blogartikel wie bei Masha oder Angela haben
mir das erst bewusst gemacht – denn ich wusste überhaupt nicht, wie
antiquiert und altertümlich unser Gesetz in dieser Hinsicht ist. Man
fühlt sich regelrecht zurückversetzt in eine Zeit, wo Frauen noch
nicht wählen dürften und der Mann den Beruf der Frau gewählt hat.
Manche
Frauen werden im Schockzustand stumm und starr, wehren sich nicht,
weil sie nicht in der Lage sind. Dann ist es nach deutschem Recht
keine Vergewaltigung, weil sie sich nicht ausdrücklich gewehrt hat.
Genauso sieht es aus, wenn man sich aus Angst nicht “entsprechend”
wehrt, weil der Täter ein Vorgesetzter oder eine sonstige
Autoritätsperson ist.
Andererseits werden Frauen oft kritisiert, wenn sie sich zu aufreizend anziehen, nachts ausgehen und Alkohol trinken, zu viel flirten – “die hat das doch raus provoziert” – “die wollte das doch”. Bei solchen Denkweisen werde ich richtig wütend. 
Ein
Politiker aus dem Saarland ist es in dieser Sache sehr
engagiert: Heiko Maas hat den Gesetzesentwurf eingereicht, an
dem nun gefeilt wird – damit ein Nein auch Nein heißt.


Ich
habe den Bericht von Masha über Gina Lisa während einer Zugfahrt
gelesen – zuvor kannte ich die ganze Angelegenheit noch nicht.
Zusammengefasst kann man es so erklären: Trotz Videobeweis, in dem
Gina Lisa klar deutlich macht, dass sie in Ruhe gelassen werden will,
soll sie im Endeffekt eine Geldstrafe zahlen, weil sie angeblich die
Vergewaltigung vorgetäuscht hat. 
Es
gibt auch andere Stimmen
Lina
Mallon
 berichtet
kritisch, wieviele Frauen Vergewaltigungen vortäuschen aus Gründen
wie verletzter Eitelkeit. Es wird so viel gelogen, so viele
Straftaten vorgetäuscht, weswegen es dann die Menschen, denen
wirklich schlimme Dinge passiert sind, umso schwieriger vor Gericht
haben.
Es
ist eine Situation, die völlig zurecht so sehr in der Blogosphäre
diskutiert wird
. Hier besteht ein ganz großer Bedarf an mehr Aufklärung für junge Frauen, besserem Schutz für Opfer und einer entsprechenden Rechtsprechung für Täter. 

Sagt mir eure Meinung zu dem Thema!

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8 Kommentare

  • Antworten ravenlocks 1. Juli 2016 um 17:23

    I like the lighting in these photos. You look lovely <3

    xo Azu

    http://www.raven-locks.blogspot.com

  • Antworten Sarah ❤ 1. Juli 2016 um 18:13

    Es ist ein so ernstes und schweres Thema. Ich bin froh nicht zu den Frauen zu gehören die so etwas schlimmes erleiden mussten. Aber ich kenne viele Momente ich denen ich "Nein" sagte und ignoriert worde. Frauen die auch noch vortäuschen Vergewaltigt worden zu sein sind wirklich das aller letzte! Da gibt es keine Worte für.

  • Antworten minnja 1. Juli 2016 um 22:05

    Ein sehr schweres Thema. Aber es ist schon leider wahr, ein NEIN wird nicht immer ernst genommen.

    Love Minnja – minnja.de

  • Antworten Saskia von P. 4. Juli 2016 um 03:07

    Das Thema ist wirklich schwierig und der Fall Gina Lisa scheint mir sehr speziell. Grundsätzlich ist die Notwendigkeit von Beweisen gerechtfertigt und es muss so sein, denkt man an die Frauen, die Männer zu unrecht beschuldigen. Bei Gina Lisa (ich habe den Fall nicht explizit verfolgt und nur am Rande mitbekommen) ging es wohl darum, dass das "Nein" nicht eindeutig zugeordnet werden konnte, ob es sich auf das Filmen bezieht oder auf den Sex selbst (wobei sie davor mit den Angeklagten schon Sex hatte und sich danach noch mit einem von Ihnen verabredet hat). Ich denke, dass der Fall einfach nicht anders bewertet werden konnte bzw. das Gericht hätte Gina Lisa sicher nicht noch zusätzlich verurteilt, wenn es für das "Vortäuschen einer Vergewaltigung" keinen einzigen Beweis gegeben hat. Es war halt nicht eindeutig und unsere Richter können nicht auf Verdacht blind verurteilen…

  • Antworten FAIRY TALE GONE REALISTIC 4. Juli 2016 um 08:35

    Liebe Andrea,
    es ist ein sehr wichtiges Thema, das du und viele andere ansprechen!
    An der Gesetzeslage und auch am gesellschaftlichen Empfiden muss sich dringed einiges ändern!
    Liebe Grüße
    Susi

  • Antworten naemora 6. Juli 2016 um 09:30

    Ich finde das wirklich klasse, dass du über dieses sehr delikate Thema schreibst! Ich wusste nicht, dass sogar noch so viele andere Bloggerinnen sich dem Thema angenommen haben. Absolut genial! Ich finde es so soo wichtig, dass man seine Reichweite und Stimme dazu nutzt, eben solche Themen anzusprechen. Und zu zeigen, dass auch Fashion/Lifestyle-Blogger eine politische Meinung vertreten. Dein Artikel hat mich dazu inspiriert auf meinem Blog eine kleine Lobeshymne auf die Blogger(innen)-Community zu schreiben. ��

  • Antworten OrangeCosmetics 8. Juli 2016 um 21:22

    Wichtiges Thema. Absurd, dass man sich wehren muss,damit es als Vergewaltigung gilt. Wenn jemand ungewollt auf mein Grundstück kommt, schlage ich ihn ja auch nicht mit einer Pfanne nieder. Ich hoffe an den Gesetzen wird weiter geschraubt. Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende.
    Liebe Grüße
    Nancy

  • Antworten Anne 9. Juli 2016 um 12:39

    Hallo Andrea,
    puuuuh, viele Beispiele, die du nennst, an die man kaum denkt. Ich glaube, das problem ist, dass die Grenzen nicht eindeutig sind: Was ist Belästigung, Nötigung, Vergewaltigung und emotionaler Mißbrauch? Sind alle Teil desselben Delikts oder nicht? Der Ex, der dich unter Druck setzt, damit du mit ihm ins Bett gehst, fällt wohl eher in die Kategorie emotionaler Mißbrauch. Das macht es nicht weniger schlimm, ist aber rechtlich gesehen ne ganz andere Kategorie.
    Ich finde es gut, dass das Thema Sexualdelikte verhandelt und medial diskutiert wird, auch, dass Gesetze überarbeitet werden. Aber ich glaube trotzdem, dass man auch hier kritisch hinterfragen muss: Warum lassen sich denn Frauen von Männern zu irgendwas drängen, sei es mehr Sex oder sich mehr nach den männlichen Wünschen richten? Weil sie sich selbst nicht für stark genug halten. Und genau daran müsste in unserer Gesellschaft ebenso etwas geändert werden, daran, dass man Frauen eben nicht als Opfer sieht, sondern als selbstständige Wesen, die ihre Rechte und ihre Stärke kennen. Und, ganz ehrlich: Falls jemals jemand zu dir sagt, er sucht sich seinen nächsten Fick woanders, tret ihm in die Eier und setz ihn vor die Tür. Das versteht er dann ganz bestimmt.
    Liebe Grüße, Anne

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