Reeperbahn. Reeperbahn steht an der U-Bahn Haltestelle und mir will einfach nicht mehr die Melodie von diesem Song einfallen, den Udo Lindenberg mit Jan Delay gemeinsam singt. Vorbei liefen wir am Dollhouse, feierwütigen jungen und nicht mehr ganz so jungen Männern, den Prostituierten mit ihren Bauchtaschen, Transvestiten im Olivia Jones-Style, Sexshops und typischen Kiez-Originalen. Es fühlt sich an wie eine alte Filmszene. Man ahnt es, früher war hier mal richtig was los. Heute sehen wir den Abklatsch alter Tage, ein Traum von Irgendwann.
Die U-Bahn kommt, wir fahren zurück, Haltestelle Bahrenfeld. Ich schaue mich kaum um, fremde Gesichter ohne Namen. Morgen bin ich wieder weg. Der Weg zurück zum Hotel ist zu lange und kalt, doch seltsam vertraut. Ich will nicht weg von hier, aber bleiben will ich doch nicht. Gefangen in einem Moment. Ein kalter Schwall. Es umfäng mich. Ist das jetzt Angst?
Früher hasste ich nichts mehr, als daheim anzukommen. Nach drei Wochen Berlin oder einer Woche Alanya rollte der Zug in Saarbrücken ein und ich kam mit jedem Kilometer der Verzweiflung näher. Wieder dieser dreckige Bahnhof, Kaugummiflecken auf dem Asphalt und mürrische Gesichter am Taxistand. In meiner Erinnerung regnete es dann immer. Die Sonnentage der Ankunft verdrängte ich wohl.
Die richtig traurigen Tage der Ankunft sind lange vorbei, wenn ich jetzt im heimischen Bahnhof einrolle, fühle ich mich, nunja, neutral. Die Wolken sind immer noch dick, die Taxifahrer stets mürrisch und auch der Dreck ist so schlimm wie früher. Ist das nur die Abnutzung der Gewohnheit?
Wenn ich mit dem Zug durch die Käffer düse, wundere ich mich über die vielen Häuser. Die vielen Menschen, die dort leben, ihre Kinder zur Schule schicken, ihre Briefe zur Post bringen und ihre Geburtstage feiern. Meine Großeltern sind nie verreist. Vielleicht kennen diese Leute selbst nur ihr Dorf, ihre Stadt, ihre Welt. Jede Stadt – ein Mikrokosmos. Wen kümmert es schon bei uns, was die Metzgereifachverkäuferin oder die Friseurmeisterin aus diesem Kaff so treibt? Soweit geht es nicht mit dem Dorfklatsch. Dann stelle ich mir vor, hier zu leben oder dort. Es gelingt mir nie. Es fühlt sich nicht richtig an.
Bis ich wieder in meinem Viertel ankomme, wo alles so vertraut ist. Ich kann mir nicht vorstellen, mal woanders zu leben. Genauso wenig kann ich es mir vorstellen, immer hier zu leben. Da der In-Friseur, dort die Schwulenkneipe, hier der Nightlife-Bäcker. Mein Mikrokosmos. Das ist meine kleine Welt, um die sich alles hier dreht. Für diesen Mikrokosmos interessiert sich 400 Kilometer weiter kein Schwein. Wir sind schon eine komische Welt, alles ist so nah und doch so fern.
Pictures by Christine
Location: Lösch für Freunde
Lace-Body: H&M
Pictures by Christine
Location: Lösch für Freunde
Lace-Body: H&M
Ich komm herum hab viel gesehn,
Istanbul, New York, Athen
doch überall bin ich ‘n bißchen traurig.
Reeperbahn, ich komm an,
Du geile Meile, auf die ich kann.
Reeperbahn, alles klar,
Du alte Gangsterbraut, jetzt bin ich wieder da.
Reeperbahn 2011
11 Kommentare
Die fotos sind so wunderschön! 🙂
Wahnsinnig tolle Bilder!
Sehr sexy Bilder, absolut umwerfend!
Ich finde die Fotos so unfassbar gelungen, super klasse! Und deine Freitagstexte mag ich sowieso sehr 🙂 Wünsche dir ein schönes Wochenende!
Hey Andrea, vielen Dank für den Artikel und die ausdrucksstarken Fotos von Christine. Wie habt ihr die Location ausgeleuchtet?
Die Fotos sehen so schön aus!
Ich wünsche dir noch einen schönen Abend! LG
Gorgeous photos!
: signe : the daily savant :
Pyrite Necklace Giveaway
Crescent Moon Necklace Giveaway
Echt sehr schöne Fotos. Der Spitzenbody ist sehr chic.
Gruss Vanessa /// http://www.cityfreudeblog.london
Ein wunderschöner Text! ♥ wirklich sehr schön!
Liebe Grüße
Monique
[…] schon sehr erleichtert. Denn zu Hause braucht keiner meine Maske, egal wie hübsch sie ist. Hier gibt es übrigens noch mehr Bilder von diesem […]
Tolle Bilder von Dir – gefallen mir richtig gut, dies ist eine richtig tolle Location.
viele liebe Grüße,
Stefan // https://www.itsourdailylife.de