22:30 Uhr. Es war genau 22:30 am 30. Dezember 2023. “Kann ich?”, flüstert die Tierärztin mir leise zu. Ich nicke, denn ich muss stark sein. Sie setzt die Spritze an und Hexe hört fast zeitgleich auf zu atmen. Ihr Körper wird starr. Mechanisch streichele ich weiterhin ihr Köpfchen. Ich verstehe es noch nicht, kann es nicht begreifen, was hier geschieht. “Ich lasse Ihnen ein paar Minuten”. Die Ärztin verlässt den Raum und meine Katze zuckt. Ein wenig Urin läuft auf das Handtuch. Das ist ja wie in einem Film, denke ich und mir wird klar, dass ich zuvor noch nie mit dem Tod konfrontiert war.
Warum habe ich aufgehört, zu schreiben?
Früher habe ich hier jeden Freitag eine Kolumne geschrieben. Dann, 2023, im gesamten Jahr nur fünf Artikel verfasst. Warum? Ich weiß es selbst nicht. Klar, alles ist jetzt auf Instagram fokussiert. Ich war vielleicht auch überfordert von der ganzen Situation. So viele Reisen, Jobs, meine Katzen waren ständig krank und ich hatte immer weniger Zeit für mich. Freizeit. Meine Passion. Das Schreiben, mal was machen, was nicht “sein muss”. Denn das Schreiben war immer mein Zufluchtsort und irgendwie habe ich das verloren. Früher war es das Zeichnen, dann das Schreiben und jetzt nichts mehr davon? Das möchte ich nicht. Deswegen versuche ich, wieder den Anfang zu finden. Den Anfang mit dem wohl prägendsten Erlebnis in den letzten Jahren.
Wie war es die letzten Jahre?
Der Tod kam schleichend. Hexe ging es über mehrere Jahre hinweg schlechter und schlechter. Erst die Schilddrüsenerkrankung, dann wurde sie immer mäkeliger beim Essen und dann kamen ständige Blasenentzündungen dazu. Die Leberwerte verschlimmerten sich rapide. Wir waren Stammgast beim Tierarzt und in der Tierklinik. Die horrenden Rechnungen wunderten mich schon gar nicht mehr.
Ich habe früh angefangen, über den Tod nachzudenken. Wie soll ich damit umgehen? Hexe und Luna waren meine ersten Haustiere. Ich habe mir diese Katzen so sehr gewünscht und als sie 2012 bei mir eingezogen sind, haben sie Schritt für Schritt mein Leben verändert. Damals habe ich so sehr dafür gekämpft, sie zu adoptieren. Eine meiner Therapeutinnen nannte es Überlebensstrategie. Ich wollte endlich dieses Gefühl von Liebe und Familie haben, was ich in meiner “Familie” nie hatte. Klar, das klingt nach ganz schön viel, was da auf ein Tier projiziert wird. Doch mir war damals mein Motiv auch gar nicht so sehr bewusst. Ich wollte nur Katzen vom Tierschutz adoptieren.
Dann waren wir eine Familie. Luna, Hexe und ich. Es war in all den Jahren nicht einfach, alleine und ohne Unterstützung die volle Verantwortung für diese beiden Lebewesen zu halten. Ob es um Arztbesuche, Urlaubsbetreuung oder eben um große Entscheidungen ging.
Der Verlust eines Haustieres – wie kann ich damit umgehen?
Diese letzte große Entscheidung habe ich für Hexe getroffen. Sie hat mir schon über Wochen davor die Signale gegeben, dass es an der Zeit ist, zu gehen. Immer weniger gegessen, bis gar nicht mehr. Ihre Organe versagten in dieser Nacht nach und nach. Sie wurde fast 17 Jahre alt, ein stolzes Alter für eine Hauskatze mit einigen Vorerkrankungen. Ein stolzes Alter für eine sehr stolze Katze. Hexe war eigensinnig, stur und liebevoll. Sie hinterlässt eine gigantische Lücke im Leben von Luna und mir.
Wie kann ich damit umgehen? Ich habe die Trauer versucht, zuzulassen. Videos und Videos geschnitten, viel darüber geredet und geweint. Es war mir egal, ob jemand das überzogen findet oder was andere darüber denken. Das ist meine Trauer, mein Verlust und mein Leben. Niemand anderes muss damit umgehen können. Wer denkt, dass es nur eine Katze war, der hat es eben nicht verstanden.
Das hilft bei der Trauerbewältigung:
- Schwelge in Erinnerungen – Fotos, Videos. Mach dir ein Schmuckstück als Andenken oder vielleicht sogar ein Tattoo
- teile deine Trauer – rede mit Freunden oder in Online-Foren zu diesen Themen
- Spende übrig gebliebene Sachen. Ich habe die teuren Medikamente von Hexe dem Tierschutz gespendet.
- Nimm dir Zeit zum Trauern
- Lass die Schuldgefühle, die vielleicht aufkommen, nicht zu. Du hast dein Bestes gegeben.
- Schaffe neue Routinen
- Ersetze dein Haustier nicht sofort
- Wenn es nicht besser wird, such dir professionelle Hilfe von einem Therapeuten
Ich habe kurz nach dem Tod von Hexe das Geschenk erhalten, jemand Neues in meinem Leben zu bekommen. Jemand Neues, der auch Haustiere hat. Ich frage mich bis heute oft, ob das Zufall war, oder ob dieser große Verlust in meinem Leben Raum geschaffen hat. Hat das alles doch einen Sinn oder ist das Leben nur eine Aneinanderreihung von Zufällen? Wir werden es wohl nie genau herausfinden können.
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