Freitagspost

Freitagspost: Die Macht der Worte

28. August 2015
“Worte können sein wie winzige Arsendosen, und nach einiger Zeit ist die Wirkung da.” 
Victor Klemperer, LTI

 

Die Stille umfängt mich. Meterhohe Bücherwände. Der Geruch nach Papier und Staub. Wenn ich die Bibliothek betrete, ist es wie wenn ich eine andere Welt betrete, sie nimmt mich an der Hand und zieht mich mit sich. Hinter jedem einzelnen Buchrücken eine andere Geschichte, jede davon kann mich entführen, verhexen, verzaubern, alles verändern.
Früher weinte ich. Wenn eine Erzählung endete, mich zurück entließ in die Realität, vorbei war es mit dem Leben meiner Protagonistin und ich blieb zurück mit einem letzten Absatz und einem leeren Stück Papier.Ich bin durch die Zeit gereist, lernte die Magie kennen und die Liebe. Klaus Kordon lief mit mir durch das Deutschland des Ersten und Zweiten Weltkrieges. Der Schmerz begleitete mich in den Geschichten der Überlebenden. Staub und Asche aus der Vergangenheit. Nur noch Staub und Asche.

Später lehrte mich Klemperer, wie viel Schlechtes das Wort und die Sprache anrichten kann.
Ich wollte nichts über Flüchtlinge schreiben. Ich fühle mich schlecht informiert, weil ich so wenig die Medien verfolge, ich fühle mich wie ein Mensch, der von nullkommanix eine Ahnung hat und trotzdem seinen Senf abgeben will. Oder muss?
Ich lasse dieses Mal lieber die anderen reden. Denn es gibt gleich zwei Videos und drei Menschen, die mich in dieser Lage sehr berührt haben. Mit ihren Worten. Worte bedeuten Macht, geschrieben oder gesprochen, positiv und auch negativ. 




Vielen Dank für deine Worte, Maddie. Und danke, dass ihr das hier ausgesprochen habt, Joko und Klaas.

 

 

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5 Kommentare

  • Antworten Anonym 28. August 2015 um 19:03

    "Ich wollte nichts über Flüchtlinge schreiben. Ich fühle mich schlecht informiert, weil ich so wenig die Medien verfolge, ich fühle mich wie ein Mensch, der von nullkommanix eine Ahnung hat und trotzdem seinen Senf abgeben will. Oder muss?" —

    DANKE für den Post! Ich bin dankbar für jeden, der Worte gegen den Hass, die Dummheit, die Verwahrlosung, die Barbarei findet.
    Und es geht nicht um "hohe Politik" und man darf keine Hemmungen oder Ängste haben, sich jetzt und hier zu positionieren. Es geht um das Mensch sein. Um Menschlichkeit. Um Menschenleben. Und jeder Mensch kann und soll sich äußern, DAFÜR. Leide liest und hört man so entsetzlich viel DAGEGEN.
    Ich bin jeden Tag wieder fassungslos, wenn ich bei fb menschenverachtende Kommentare lese. Es bringt mich zum weinen. Ich muss immerzu daran denken, an das unermessliche Leid der Menschen und an den dumpfen Hass jener, die nicht mal für ihr eigenes Leben Verantwortung übernehmen und bei Spendenaufrufen neidisch jammern "ich brauch auch ein Auto und wer spendet mir ein Haus" usw. Menschen in einem Land, das jeden deutschen Bürger bei Bedarf mit Hartz Vier durchfüttert, in einem Land, das Obdachlosenheime und Sozialeinrichtungen en masse hat, in einem Land, in dem man wählen darf, welche Religion, Sexualität, welchen Beruf man ausüben will, in diesem Land ist man neidisch auf Menschen, die alles verloren haben und sich – wie die Menschen, die auf der A4 im LKW als Leichenberg gefunden wurden – vor lauter Verzweiflung Menschenhändlern ausliefern?
    Es macht mir Angst: Diese emotionale Verwahrlosung, diese Kälte, diese gefährlichen Gedanken und Worte und Taten der "besorgten Bürger".
    Niemand muss informiert sein oder die Medien sonderlich verfolgen – Wir alle sind Menschen und ich denke, das alles geht nicht spurlos an einem vorbei. Es ist wichtig und richtig, das auch öffentlich auszusprechen.
    Ich kann das schwer nur aushalten und habe das dringende Bedürfnis, etwas, irgendetwas zu tun – für den Anfang ist das die Vermietung meiner Wohnung an eine Flüchtlingsfamilie. Ich weiss einfach, dass das richtig ist und dabei scheren mich all die Kommentare nicht, die ich natürlich dann höre, wie z.B. "Die machen doch alles kaputt, die kennen doch gar keine Toiletten, dann sinkt der Wert der Immobilie" etc. – Ja, genauso wirklich gehört. Wie erbärmlich ist das….
    Danke, Andrea für diesen Beitrag!

  • Antworten B Ramida 28. August 2015 um 20:26

    great post!

    http://www.bstylevoyage.blogspot.com

  • Antworten Lisa Jasmin Illert 28. August 2015 um 20:46

    Danke für den Blogpost, Andrea. Du hast es vorsichtig ausgedrückt und trotzdem für mich viel hinterlassen. Ich fühle mich genauso wie du. Habe Furcht etwas über Flüchtlinge zu schreiben. Ich weiß nicht, was zur Zeit mit der Menschheit los ist. Du kannst kaum noch etwas sagen, schon wirst du zerrissen.

  • Antworten Saskia von P. 29. August 2015 um 05:51

    Ich wusste auch nicht, ob ich etwas drüber schreiben soll. Die Videos habe ich auch gesehen und bin froh, dass es sie gibt. Das einzige was mich stört ist, dass es wohl nicht reicht, dass die Flüchtlinge eine Wohnung bekommen. Sie müssen integriert werden. Aber möchten Sie das auch, wenn ihnen so viel Hass und Gewalt entgegenschlägt?

  • Antworten The Darkensidejewel 29. August 2015 um 07:55

    Daumen hoch!

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