Letzte Woche habe ich mein Handy in die Hand genommen, eine Freundin angerufen und sie gefragt: “Was ist der Sinn deines Lebens?” Wir kamen darauf, dass sie Tante ist, Freundin ist, dass sie für ihre Menschen da sein will. Dass sie selbst ihr Glück in den alltäglichen Dingen sucht. Was ist der Sinn meines Lebens? Ich frage mich das. Was ich hier eigentlich tue. Was für ein Leben ich leben will. Wie kann ich werden, wer ich bin?
Leben = Überleben
Die ersten 20 Jahre meines Lebens drehten sich ums Überleben. Ich musste eine eigene Wohnung im Alter von 16 Jahren finanzieren, eine Ausbildung in einem ungeliebten Beruf beenden und Geld verdienen, um am Wochenende mal ins Kino zu gehen. Einen ersten Billigurlaub nach Alanya ermöglichen. Die Kindheit verarbeiten, an mir selbst arbeiten, im alltäglichen Leben klarkommen. Ab dann fing ich an mir Gedanken zu machen und da war mir klar: Ich will nach Berlin. Ich möchte nicht im Saarland leben. Ich möchte frei sein, alle Möglichkeiten haben, in einer großen Stadt leben. Auf dieses Ziel habe ich viele Jahre lang hingearbeitet, bis ich es 2017 endlich tun konnte.
Mehr als zwei Jahre in Berlin. Eine unglückliche Beziehung, der endgültige Bruch mit der Familie, zwei gescheiterte Jobs und einige gescheiterte Freundschaften später bin ich trotzdem überzeugt davon, dass es weitergeht. Manchmal ist es schwer, nicht alles negativ zu sehen.
“Du bist so ein lieber Mensch”, sagt ein Freund zu mir. “Du würdest nie absichtlich jemandem wehtun. Du brauchst eine Mauer um dich herum, um dich zu schützen.”
5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen
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Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, mein eigenes Leben zu führen
Hinter diesem Titel steckt ein Buch von Bronnie Ware. Die Pflegerin begegnete vielen Menschen am Sterbebett. Sie hat ein Buch geschrieben und diese Situationen verarbeitet. Was bereuen die Menschen am meisten vor ihrem Tod? Am häufigsten fällt nämlich, dass sie sich nicht treu waren. Nicht IHR Leben gelebt haben. Dass sie nicht so waren, wie sie sind.
“Es gibt so viele Menschen, die durchs Leben gehen und die meiste Zeit Dinge tun, von denen sie glauben, dass andere sie von ihnen erwarten.”
Wie kann ich werden, wer ich bin?
Ich bin nämlich eigentlich ganz anders, ich komme nur so selten dazu. Ödön von Horváth
Ein authentisches Leben führen. Was hält uns davon ab? Zwänge, Erwartungen, vielleicht auch Bequemlichkeiten. Wer glücklich sein möchte, ein selbstbestimmtes Leben führen will, der muss zu sich selbst und zu seinen Bedürfnissen stehen. Das kann auch mal egoistisch wirken.
Die Angst vor Konflikten, davor Bequemlichkeit einzubüßen und anzuecken hat mich davon abgehalten, zu mir selbst zu stehen. Es geht mir bis heute so, dass es mir schwerfällt, Nein zu sagen, nicht nur den Erwartungen der anderen zu entsprechen, sondern mein Leben nach meinen Vorstellungen zu führen. Manchmal führen Krisen dazu, dass wir fast gezwungen sind, uns mit uns selbst mehr auseinander zu setzen. Ich bin gerade (wieder) an diesem Punkt. Überdenke meine Werte, meine Lebensplanung, die Gestaltung meines Alltags.
Laut Psychonanalytiker Erich Fromm benötigen wir für ein authentisches Leben auch die Fähigkeit, “neu geboren” zu werden. Den Mut, alle Sicherheiten aufzugeben, sich von anderen zu unterscheiden und auf uns selbst zu vertrauen. Es ist wichtig, Konflikte anzunehmen und nicht zu umgehen. Sich konzentrieren zu können, die Fähigkeit sich zu wundern beizubehalten und die Wahrnehmung für den Moment zu schärfen.
Link Tipp: Voraussetzungen für ein authentisches Leben nach Erich Fromm
Auf dem Weg zu mir selbst ist es für mich eine schwierige Hürde, nicht nur den Erwartungen der anderen zu entsprechen. Mich ständig zu hinterfragen, was ich wirklich tun möchte und wo ich nur gefallen will, ist anstrengend. Doch am Ende ist es der einzig richtige Weg.
2 Kommentare
Das ist eine sehr gute Frage! In meinem Leben stelle ich mir die auch gerade und hab keine wirkliche Antwort. Zwei Jahre ist das schon her? Kommt mir gar nicht so lang vor 🙂
Liebe Grüße
Jana
Oh wow ein toller Post und wieder so schön geschrieben Liebes 🙂
Ich kann mich da definitiv drin wiederfinden.
Liebst, Sarah von Belle Mélange