Ich versuche immer sehr transparent mit den wichtigen Themen des Lebens in meiner 30something Kolumne umzugehen. Doch es gibt Themen, die für mich sehr schmerzhaft sind und ich möchte sie dennoch wenigstens ein wenig mit euch teilen. Denn ich weiß, dass ich damit nicht alleine bin, obwohl wenige darüber sprechen. Die Wunden, die mir durch meine Eltern in meiner Kindheit bereits zugefügt worden sind, sind nie geheilt. Es wird ein vielleicht lebenslanger Prozess für mich bleiben. Die ganzen offenen Fragen. Warum habt ihr mir das angetan, warum habt ihr mich nie geliebt? Ich habe kürzlich das Buch “Vergiftete Kindheit – Elterliche Macht und ihre Folgen” zum zweiten Mal gelesen und ich kann es wirklich sehr empfehlen. Das hat mir nochmal geholfen in meinem Prozess der Aufarbeitung.
Ein Brief zur Konfrontation: Frieden finden trotz toxischer Eltern
Briefe schreiben ist in der Psychologie ein wichtiges Thema. Ich habe es auch immer mal wieder versucht, doch sie noch nie abgeschickt. Daher fand ich das Kapitel so interessant in dem Buch, in dem es um die Konfrontation per Brief ging. Diesen sollte man nämlich abschicken. Für mich war es in dem Moment so ein “Muss-Gefühl”. Jetzt oder nie. Dann habe ich meinen Rechner geöffnet und all meine Gefühle herausgelassen. Dabei habe ich mich an vier Hauptpunkten orientiert:
- Das hast du mir angetan
- So habe ich mich damals gefühlt
- So hat es mein Leben beeinflusst
- Das wünsche ich mir jetzt von dir.
Was dabei sehr wichtig ist: Schreibe diesen Brief nur, wenn du mit der Antwort umgehen kannst. Ich habe das Schlimmste erwartet. In meinem Brief habe ich zusammengefasst, welche Erinnerungen mich als Kindheit besonders geprägt hatten, wie verängstigt und verloren ich mich gefühlt habe. Ich habe darüber berichtet, wie ich bis heute wenig Vertrauen fassen kann und wie mein Leben dadurch eingeschränkt ist. Ich habe mir gewünscht, wenigstens ein kleines Zeichen von Reue zu bekommen. Das war natürlich ziemlich unrealistisch.
Die Antwort war ernüchternd: Zwei knappe Sätze, die aus Manipulation und dem Versuch, mir Schuldgefühle einzureden, bestanden. Es hat mir wieder sehr bewusst gemacht, dass jeglicher Versuch der Kommunikation mit meiner toxischen Familie unmöglich ist.
Dennoch können Antworten auf eine solche Konfrontation weitaus schlimmer sein. Manche reagieren vielleicht sehr aggressiv. Deswegen: Formuliere einen solchen Brief nur, wenn du wirklich, wirklich mit der Antwort umgehen kannst, egal wie sie ausfällt.
Für mich war es ein wichtiger Schritt, auch um mir bewusst zu machen, dass meine Stimme zählt. Ich bin nicht mehr unsichtbar. Ich habe mich ganz lange unsichtbar gefühlt, weil ich nie gesehen oder beachtet worden bin. Mein einziger Lebenszweck war es, zu gehorchen und zu tun, was andere von mir wollen.
Doch das ist jetzt vorbei. Ich bin da, ich lebe, ich bin sichtbar und du wirst meine Meinung anhören, auch wenn du sie nicht verstehen willst. Wenn du dich in einer ähnlichen Situation befindest wie ich auch, dann sag dir diesen Satz jeden Tag: Du bist wichtig und deine Meinung zählt. Denn das tut sie auch.
5 Kommentare
Ich bereue meine Nachricht an Dich.
Du hast einen schlechten Charakter, Deine Familienprobleme im Internet breitzutreten.
Lass mich und Christine endlich in Ruhe.
Leb Dein Leben ohne uns
Dein Eintrag liest sich sehr getroffen und bedrückt.
Hier stelle ich mir jedoch die Frage, was hindert dich daran den Brief abzusenden? Eine nette Therapeutin sagte mal einst zu mir: schreibe deine Gefühle auf Papier. Schreibe auf wie du dich in dem Moment gefühlt hast, was es aus dir heute gemacht hat und wie es dich sogar teilweise positiv verändert hat bzw. Deine positiven Fazite daraus. Danach schaut man auf sich selbst. Was hätte dich anders machen können? In welchen Situationen habe ich eventuell überreagiert oder aus dem Kontext gerissen?
Es ist immer leicht auf andere zu zeigen und alles als böse und toxisch zu betiteln, aber es ist ein Riesen großer Komplex mit ganz vielen Farcetten und Farben. Es ist wichtig auch sich in den Gegenüber hineinzuversetzen.
Man kann auch Kontakt zur Familie auf Distanz wahren. Wenn man sehr eng wart wie ihr, dann ist dies durchaus möglich und man muss seine Grenzen ziehen bzw. wahren, aber auch dadurch nicht den Aspekt der „Familie“ aus dem Augen verlieren. Wie sagt man so schön: Blut ist dicker als Wasser.
Auch ich hatte die Problematik wie du, aber mit Arbeit und gegenseitigem Respekt und Grenzen ziehen, ist dies durchaus möglich auf respektvolle Art miteinander umzugehen. Wir haben mittlerweile ein super Verhältnis zueinander in der Familie.
Liebe Grüße und versucht einander glücklich zu machen. Ihr habt nur einander.
Hey, alte anonyme Freundin! Super schade, dass du den Blogpost gar nicht gelesen hast. Es geht darin um meinen Vater und den Brief hatte ich auch abgeschickt! Lies es dir doch vielleicht mal durch – steht alles drin! 🙂
Liebe Andrea,
ich finde es toll, dass du so offen über diese Thema schreibst und deine Gedanken mit uns teilst. Ich persönlich kann es absolut nicht nachvollziehen, wie die eigene Familie einen so behandeln kann… da sehe ich deine Familie absolut in der Verantwortung, da sie (zumindest bis zu einem bestimmten Alter) für dich verantwortlich sind. Es ist total mutig, dass du den Kontakt suchst aber echt schade und traurig, dass sich deine Familie nicht darauf einlassen möchte. Wenn du irgendwann bereit bist, mehr über dieses Thema zu schreiben, würde mich das total interessieren, da ich teilweise ähnliche Gedanken habe.
LG
Sandy
Viel Liebe geht raus an dich! Ich weiß, wie schwer einem so etwas fällt. Ich habe so einen Brief letztens an meinen toxischen Ex geschickt und keine Antwort bekommen. Mir hats aber geholfen, Frieden zu finden und das wünsche ich dir auch!
Alles Liebe
Julia