Ich fühle mich oft festgefahren. Ein Teufelskreis aus den immer gleichen Problemen. Chaotische Beziehungen, Momente in denen ich tieftraurig bin oder mich gefangen fühle. Je mehr ich nachdenke, im Internet und in Büchern lese, desto klarer wird mir: Fast alles liegt an meinem miserablen Selbstwertgefühl. Mangelndes Selbstbewusstsein oder nicht ausreichende Selbstliebe ist ein Problem, dass ganz, ganz viele mit sich herumtragen. Oft sind es sogar gerade die, die nach außen besonders stark wirken, die innen ganz klitzeklein sind. Ich habe jetzt verstanden, dass die ganzen Tipps für mehr Selbstbewusstsein aus den Zeitschriften und vielen Büchern rein gar nix bringen. Sie haben mir auch nie was gebracht. Selbst ich habe mal über Tipps für Selbstvertrauen geschrieben, in der Hoffnung, dass es irgendwann was bringt. Hat es nicht. Doch woran liegt das?
Finde deine Blockaden heraus
Heinz-Peter Röhr hat mir mit dem Buch “Die Kunst, sich wertzuschätzen” die Augen geöffnet. Ich hatte zuerst ein anderes Werk von ihm gelesen – “Wege aus der Abhängigkeit“, was ich auch nur empfehlen kann, wenn euch die Problematik mit abhängigen Beziehungen beschäftigt. Zum ersten Mal habe ich wirklich verstanden, worin meine Probleme liegen und wie ich sie besser angehen kann.
Selbstvertrauen wird in der frühesten Kindheit gebildet. Wenn deine Eltern selbst über keine ausreichende Selbstliebe verfügen, sind sie nicht in der Lage, dir das weiterzugeben. Bei mir fing es genau da an. Meine Eltern leiden beide an schweren psychischen Krankheiten. Meinen Vater kenne ich kaum, bei meiner Mutter musste ich mit 16 Jahren ausziehen. Liebe gab es bei uns nicht und selbst etwas Freundlichkeit war an große Bedingungen geknüpft. Ein wenig Anerkennung oder Zuneigung kostete extreme Anpassung. Es ging immer nur darum, es irgendwie recht zu machen.
Heinz-Peter Röhr beschreibt in dem Buch alle möglichen Fallbeispiele und erklärt, wie sich in Kindheit und Jugend Glaubenssätze bilden, die uns auch später – wenn auch vielleicht gar nicht bewusst – steuern. Meine Glaubenssätze sind “Ich bin nicht willkommen”, “Ich genüge nicht”, “ich kann das nicht”, um nur einige davon zu nennen. Diese Denkmuster steuern mich und hindern mich daran, selbstbewusst zu sein.
Nur wenn wir erkennen, woher unsere Probleme stammen und was uns blockiert, können wir auch wirklich aktiv daran arbeiten, Selbstliebe und Selbstvertrauen zu entwickeln.
Diese drei Sätze verändern gerade meine Leben
Ich bin immer willkommen.
Niemand ist immer und überall willkommen. Doch eins ist ganz wichtig: Du solltest immer bei dir selbst willkommen sein. Dann fängst du an, automatisch nach Menschen Ausschau zu halten, die dich ebenfalls willkommen heißen. Bei mir ist es oft genau umgekehrt: Wenn ich nicht willkommen bin, bemühe ich mich umso mehr. Denn ich habe gelernt: Liebe und Anerkennung muss man sich hart verdienen. Doch das ist richtiger Quatsch, denn Liebe ist immer ein Geschenk und kann nie erarbeitet werden.
Ich genüge immer.
Perfektionismus und Kontrollzwang, bloß keine Fehler machen. Wenn ich Fehler machte, auf der Arbeit beispielsweise, ging für mich regelmäßig die Welt unter. Ich hatte oft schon Panik, bevor ich überhaupt meinen PC startete. Dabei sind Fehler völlig normal und auch gut, denn nur daraus kann man lernen. “Ich genüge immer” – auch wenn ich Fehler mache.
In mir ist alles was ich brauche.
In mir soll alles sein, was ich brauche? Als ich den Satz gelesen habe in dem Buch konnte ich es erst nicht so ganz fassen. Zu sehr fühlte ich mich abhängig von der Bestätigung anderer Leute. Selbst bei kleinen Entscheidungen war und bin ich mir oft sehr unsicher, ob es die richtige Wahl ist. Weil ich zu wenig auf mich selbst vertraue. Wenn ich mal wieder zweifle, dann sage ich mir genau das: Du hast alles was du brauchst. Verlass dich auf dich selbst.
Die Kunst, sich wertzuschätzen
Mir ist dieser Beitrag sehr schwer gefallen, weil ich bisher auf dem Blog noch nie viel über meine familiäre Situation geteilt habe. Ich versuche langsam zu akzeptieren, dass auch meine Kindheit irgendwie zu meinem Leben gehört und ich mich nicht verstecken muss deswegen. Ich muss es nicht totschweigen. Jedes Jahr sind die Feiertage, so wie jetzt auch Ostern, für mich eine schmerzhafte Erinnerung daran, was mir fehlt. Doch zum Erwachsenwerden gehört auch, Frieden zu schließen. Damals war ich ein Kind, heute bin ich erwachsen und kann selbst die Verantwortung für mein Leben übernehmen.
6 Kommentare
Toll geschrieben! Ich kann gut verstehen, dass du Bedenken hattest, deine familiäre Situation zu teilen, vor allem in einer Welt, in der jeder gerne so perfekt wie möglich erscheinen will. Ich werde mir das Buch auf jeden Fall einmal genauer anschauen, ich finde das ein super spannendes Thema!
Liebe Grüße,
Alex
Das war ein super Artikel, den du hier so offen geschrieben hast. Der hat mir so gut getan, daß kannst du dir garnicht vorstellen. Ich bin nehmlich momentan in einer ähnlichen Lage und habe da auch so richtig ein tiefes Loch in dem ich mich wie gefangen fühle und nicht so recht weiß, wie ich da wieder raus kommen kann. Kommt dummer Weise auch noch der Umstand dazu, daß ich niemanden habe, mit dem ich über die ganze Sache reden kann.
Aber wie schon gesagt, hat der Artikel mir wieder ein wenig gezeigt, daß nicht alles so schlümm sein kann.
Liebe Grüße auch von mir und ich wünsche dir und allen Anderen ein schönes Ostern, Thore
Hallo Andrea,
Danke, dass Du uns hast teilhaben lassen… dass du beschlossen hast, uns etwas Einblick zu gewähren in Deine familiäre Situation. Dass es Dir nicht leicht fiel, dies zu tun, ist mehr als nachvollziehbar und daher umso bemerkenswerter. Ich kann übrigens gut nachempfinden, wie das mit dem mangelden Selbstbewusstsein, der mangelden Selbstliebe ist. Es geht mir ähnlich. Ich bemühe mich immer, es anderen Recht zu machen um damit Anerkennung und Liebe zu erhalten.
Ich denke, das Buch sollte ich mir wirklich zulegen und anfangen auch an meiner Sicht auf mich selbst etwas zu ändern. Mein Leben etwas zu ändern.
Dank für diesen Beitrag.
Liebe Grüße
Annie
Ein schöner Beitrag, der zum Nachdenken anregt! Selbstliebe ist so wichtig, ich glaube, damit tue ich mich auch oft schwer!
Liebe Grüße
Jana
Ich liebe diese neue Kolumne von Dir und finde es toll, dass Du auch Privates und weniger Schönes mit uns teilst. Weiter so!
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